Grundsätzlich kann ich das Urteil nachvollziehen - ich hab meine Freundin öfters zum Sex überreden (i.e. verführen, nicht durch Gewalt, for the record
) können, nachdem sie meinte sie wolle gerade nicht. Wenn man eine lapidare Aussage hier schon gelten lässt, könnte sich jedes Mädchen einen Freibrief zur Anzeige holen, indem sie das vor jedem Beischlaf sagt.
Problematisch finde ich die Formulierung im Gesetz:
"
(1) Wer eine andere Person (...) mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft."
(§ 177 StGB)
Prinzipiell finde ich das Wort
"dulden" wegen seiner Zweideutigkeit hier fehl am Platze - denn wenn man nach dem Wortlaut geht, könnte man das hier Vorgefallene durchaus unter Vergewaltigung subsumieren. Aus dem Kontext ergibt sich dann natürlich, dass das "an sich dulden" nur als Gegenstück zu aktiven Handlungen der Genötigten (am Nötigenden oder an nem Dritten) gemeint ist. Trotzdem; unkluge Wortwahl.
Um eine qualifizierte Entscheidung zu treffen müsste man alle Details kennen - was wir nicht tun. Z.B. wieviel Gewalt/Androhung von Gewalt/Ausnutzung der Lage seitens des Mannes gegeben war - besonders vor dem Akt selbst (also Weg zur Wohnung etc). Wenn diese nämlich praktisch gänzlich ausblieb, hat die Richterin m.M.n. das Gesetz richtig angewandt.
P.S.: Wenn Richter und Staatsanwalt männlich gewesen wären, wär die Bombe richtig geplatzt.