Workshop bei einer Schamanin

F

fluadl

Guest
Workshop bei Hi-ah Park


ein paar fakten zur vorgeschichte:

soziophobie:
schon sehr lange

depressionen:
nicht ganz so lang aber ausreichend (ca. 10 jahre), gegen ende mit zunehmend lauter und plastischer werdenden selbstmordgedanken.

tiefpunkt:

totalüberdosierung mit halluzinogenen pilzen in der nacht zu meinem geburtstag vor drei jahren, mit der intention: ach leck mich am arsch, jetzt will ichs wirklich wissen, obwohl im nachhinein betrachtet eher: ach l. m. a. a. ich will weg davon.
also wohl eine art geistiger suizidversuch.

dann, totale desorientierung, mit dem gefühl, nein, der gewissheit jetzt endgültig verrückt geworden zu sein, nie wieder den weg in die alltagsrealität finden zu können.
mit tiefster angst und verzweiflung in die psychiatrie fahren lassen, in der hoffnung sie könnten meinen wahnsinn stoppen.
am weg dorthin immer wieder ein aufgehen der tür zu einem meer aus tiefster traurigkeit, doch immer wenn ich sie herausweinen wollte schob sich eine mächtige blockade davor.

in der psych, dann 1 std warten bis zum arztgespräch.
irgendwann wurde mir bewusst, dass mich kein medikament wieder herunterhohlen kann, könnte nur einen dicken panzer über mein inneres stülpen. ich wusste, ich würde trotz massiver dämpfung in der psychiatrie sofort die nächste gelegenheit suchen um mich umzubringen.

in dem moment als mir dies bewusst wurde, sah ich, richtig plastisch, 2 wege vor mir.

der eine weg, im wahnsinn zu bleiben, in dem ich mir bis zu meinem, sich recht schnell nähernden suizid als endlösung,
meine dunkle seite vom hals halte, und der andere weg, wieder zurück ins leben mit all seinen (meinen) beschissenen nöten und hindernissen, um diesen, schritt für schritt, zu begegnen.

ich hab mich für den 2. entschlossen, und war in diesem moment wieder zurück am boden.
ca. 1 minute später wurde ich zum aufnahmegespräch ins arztzimmer gerufen.

der ärztin dann von allem berichtet, mit einem beruhigungsmittel, einer adresse eines therapeuten,
und dem rat, in zukunft besser auf soetwas zu verzichten nach hause geschickt.

danach psychotherapie (über 1 jahr) mit unterstützung von citalopram zur stabilisierung und seroquel zum schlafen (habe mittelgradige insomnia seit beginn meiner depressionen).

irgendwann zu der zeit, schlaflos im bett liegend gezapped, läuft gerade eine dokumentation über schamanismus an ("unterwegs in die nächste dimension"), sehr interessant, am ende ein beitrag mit hi-ah park, einer koreanischen schamanin, die mit einem workshopteilnehmer arbeitet und dann darüber spricht, woraufhin ich unkontrolliert zu weinen beginne.

mir dann zusammengesponnen sie, egal wo sie sich aufhält, in meinem nächsten urlaub zu besuchen.
im internet nach einer e-mail adresse gesucht, ihr geschrieben und erfahren, dass sie keine 20 minuten fussweg von mir entfernt wohnt. (100 meter von meinem psychotherapeuten entfernt).
gleich eine privatesession mit ihr ausgemacht, und in den nächsten tagen massivst nervös hin..

ich läute also an ihrer tür nachdem ich rastlos verängstigt vor dem haus auf und ab geschlichen bin.
sie öffnet, bittet mich herein, wir setzten uns.
was denn mein wunsch sei werde ich gefragt, hm, ich erzähle ihr von meiner reaktion auf die dokumentation, von meinen ängsten und bin hochgradig angespannt und nervös.

sie meint da sitze ihr ein uralter mann gegenüber, ob ich denn wisse wer das sei?
hm ich kann nur raten. mein vater? keine ahnung...
sie sagt ich solle meine augen schliessen, tief hinunter, bis in den bereich unter meinem nabel atmen und in der zeit zurückgehen, zu einem zeitpunkt an dem ich 7 jahre alt bin.
keine chance, es ist mir nicht möglich.

(schon in der therapie und davor ist mir aufgefallen, dass meine erinnerungen an meine kindheit nur minimal sind, ich meine erinnerungen emotionaler natur, da ist nichts, habe ich mit meiner mutter, meinem vater gekuschelt, fühlte ich mich geborgen? keine ahnung.)

weiters fragt sie nach meinem geburtsdatum und schliesst dann daraus, dass mein chinesisches sternzeichen der tiger sei.
(ich wusste das zu dem zeitpunkt bereits und hatte auch mit meinem therapeuten bei bestimmten übungen mit diesem bild gearbeitet. er meinte ich solle eine parabel zu meinem leben, zu meinen gefühlen erstellen, und es war ein tiger, der in seiner höhle sitzt, sich immer nur kurz hinauswagt um sich dann gleich wieder zurückzuziehen)

hi-ah park und ich tönten noch zusammen um festsitzende emotionen in energie umzuwandeln.
ich merkte wie ich innerlich zunehmends ungeduldiger wurde, und dagegen ankämpfte gefühle von ärger und enttäuschung nach aussen dringen zu lassen.

dann war die stunde auch schon zu ende und ich liess ihr, um meine negativen gefühle ihr gegenüber zu kompensieren, sogar noch die anmeldung für den workshop und meine zusage dafür da.
mir wurde klar, dass ich mit riesigen erwartungen (die die dokumentation auslösen kann) hingegangen bin, obwohl ich dachte über so naive heilshoffnungen erhaben zu sein. denkste..

schwerer konflikt zu hause.
ich war immer noch sicher, dass mir die arbeit mit ihr viel bringen könnte, doch die gefühle von enttäuschung und zorn liessen sich nicht vollends beiseite schieben. ich wusste ein weiterkommen wäre unmöglich, würde ich mich diesen gefühlen nicht stellen.
also schrieb ich ihr noch einige ehrliche e-mails über meine gefühle und gedanken über sie, über meine entäuschung, meine wut, und gab dem ständigen inneren drang, mich sofort für meine gefühle zu entschuldigen um zu verhindern sie könnte böse auf mich sein (prinzipiell meine grosse angst) nicht nach.
gott hatte ich schiss als ich die mails abschickte. *grins*
und es war gut so, es war geklärt, und ich war bereit zu fahren.

du meine güte wo soll ich denn anfangen, wo soll das hinführen, wie soll das geschriebene dem erlebten gerecht werden?

kann es nicht, trotzdem:

mit meiner, mitfahrgelegenheit suchenden, sanft, zart, zerbrechlichen E. etwas angespannt auf den weg gemacht.
der schweigeintervalle viele, die anfahrt, sich vorsichtig beschnuppernd, ausgesessen, im abgelegenen waldviertel angekommen, zimmer belegt, nochmal zum auto um dort gleich auf den erzfeind zu treffen.

F., mittleres alter, erfolgreich, selbstsicheres auftreten, breitgefächertes wissen, immer ein intelligenter witz auf den lippen. seine antipathie mir gegenüber, sofort wie einen stachel im herzen spürend, zusammen den weg zum frühstücksraum beschritten.
(alle soziophobie-mechanismen ausgefahren, was kann ich tun, in seine gunst zu kommen, den schmerz der ablehnung zu besänftigen?)
frühstück halbwegs überstanden, gutes essen, organisatorisches.

auf zum seminarraum.

vorstellungsrunde bzw. wunschrunde.
was wollt ihr hier?
2std voll von "ich will mir näher kommen", "will meine alten laster ablegen","den kontakt zum inneren kind verstärken", usw..

hab mir natürlich auch etwas überlegt das passt, nämlich "ich will neugieriger auf das leben sein, was mir durch meine sozialen ängste nur schwer möglich ist"
meint sie (in englisch): na, das ist ja nicht so schwer, das werden wir wohl hinbekommen..(frei übersetzt)

nach der runde und dem, ausgesprochen vorzüglichen, mittagessen:
wollt ihr tanzen? jaaaaa..
also ca. 3 std durchgetanzt (barfuss), beginnende blasen auf meiner rechten fusssohle machen sich bemerkbar.
schnelle, treibende nummern zu denen alle ausflippen (sie: bei der musik kommt ja jeder in extase), wechseln sich mit gefühlvollen zeitlupen ab. (sie: dabei in extase zu gelangen ist das ziel [wieder sehr frei von mir überliefert, o-ton ist mir nicht mehr im gedächtnis])

abendessen, ich komm so durch, verspannt, schweisshände, aber kein unkontrolliertes zittern oder dergleichen.
der nächste tag, 7 uhr yoga, dann frühstück, 10 uhr sessionbeginn.

wieder tanzen, fusssohle schmerzt, bin etwas frustriert, tanzen kann ich zuhause auch usw.
tanz vorbei, gespräch, sie (der einfachheit halber ist hi-ah jetzt "sie") meint zu mir, ich sei mindestens 82 jahre alt, daran müssten wir arbeiten, ich müsse noch viel viel jünger werden.
ich: aha, hm..

dann die frage "who ist resisting?" also wer wehrt sich, wer gibt sich nicht hin?
2 hände schiessen in die höhe.
die von meinem erzfeind F. und meine..
wir werden von ihr in die mitte des kreises gebeten. (das seminarhaus hat eine runde form, und wurde von den 25 workshopteilnehmern zu einem kreis augefüllt)
ihr werdet jetzt mit aller kraft gegeneinander kämpfen bis einer tot ist..
(hehe, nein, spass, obwohl ein egotod war schon das ziel)
also stellten wir uns gegenüber, versicherten uns all unsere kraft einzusetzten, uns aber gegenseitig nicht zu verletzen.

und dann gings los...

wir wurden angewiesen unsere handflächen auf die des gegenübers
zu legen, unsere beine in kampfstellung zu bringen,
zu versuchen uns mit aller kraft wegzudrücken und uns dabei
durchgehend in die augen zu sehen.
F., wesentlich kräftiger gebaut, und ich schoben uns
eine zeit lang hin und her, bzw. er mich eher her, bis sie meinte,
wir könnten jetzt auch unseren ganzen körper einsetzten.
ich spürte meine unterlegenheit, und einiges an emotionen
wollte sich zu meiner oberfläche durchkämpfen.
wut, verzweiflung, traurigkeit. aber hauptsächlich wohl wut.
und ich hielt meine gefühle zurück so gut ich konnte.
kontrolle verlieren?
hier, eingekreist von über 20 fremden menschen?
no way..
ich wurde schwächer und schwächer im kampf gegen meine 2 feinde..
meine blasen platzten, blut verteilte sich auf dem schlachtfeld,
ich ging schwer atmend zu boden, stand wieder auf,
kämpfte weiter, ging wieder zu boden, und blieb liegen.
(dazu muss man sagen, alle teilnehmer hatten instrumente [rasseln, gongs, trommeln, flöten und untermalten das geschehen mit dem perfekten endkampfsoundtrack])
sie stand über mir, meint, du bist noch nicht tot,
was ist los, kämpfe.
ich versuche mich aufzurichten, sagt sie,
na für mich brauchst du´s nicht machen.
ich lasse mich wieder zurückfallen, recht hat sie.
der kreis wird immer enger, die musik lauter,
einige kreischen, mir egal, ich bin fertig,
ich kann nicht mehr, völlig ausgelaugt, nur damit beschäftigt meinem körper genug sauerstoff zuzuführen.
und dann steht sie auf mir, bohrt einen ihrer füsse
fest in den bereich unterhalb meines nabels,
ich stöhne kurz auf vor schmerzen, halte mich aber dann mit schmerzverzerrtem gesicht zurück.
sie: siehst du, du bist noch am leben, und besteigt meinen brustkorb, wieder schmerzen, ich bekomme keine luft.
ich denke, ach leckt mich doch, soll passieren was passiert
und lasse jede spannung in meiner brust los.
mein brustkorb sackt kurz ein, knackt, ein starker bohrender schmerz
durchfährt mich, sie, hüpft mit einem kleinen "oh, hoppla" von mit runter und ich drehe mich in eine von schmerzen gekrümmte embryonalhaltung.
ich höre noch, wie sie ein paar scheinbar erschrocken und beängstigte teilnehmer beschwichtigt, man brauche sich nicht zu sorgen, das wäre nichts schlimmes und krieche dann langsam an meinen platz zurück.
 
Werbung:
meine fusssohle wird notdürftig gesäubert, das blut vom boden gewischt.
mir bleibt nicht viel schmerzfreier bewegungsspielraum,
muss mich zuerst auf den bauch drehen um ohne dem gefühl
ein messer in der brust zu haben aufstehen zu können.
wir besprechen, wie es uns beim kampf ergangen ist.
F. sitzt neben mir, ich spreche über meine gefühle und darüber,
dass er zu dem typ mensch gehört, mit dem ich starke probleme habe, und mir auch bewusst bin, dass das keine einseitige angelegenheit ist.

was F. empfunden hat, fragt sie.
F. erzählt, er hätte soetwas schonmal gemacht, und beim kampf etwas beunruhigt darauf gewartet, das blitzen in meinen augen zu sehen,
wenn mein schalter sich umgelegt, und ich ihn, all meine gefühle in energie umgewandelt, ohne nur irgend einen gedanken zu verschwenden, völlig frei von angst zu boden bringen würde.
und, was hast du beim kampf empfunden, kommt erneut die frage an F.
naja, eh das was ich schon erzählt hab.

thema abgeschlossen, essen fassen.

und siehe da, es hat sich etwas verändert.
das problem liegt an der oberfläche.
ich habe ein problem mit ihm.
ich kann plötzlich akzeptieren, dass ich mit ihm nicht kann, der neurotische mechanismus ist weg.
ich mag ihn nicht, hmm, damit kann ich grad leben,
keine hemmung mehr in seiner gegenwart, keine gedankenflut nach jedem meiner worte, jeder meiner bewegungen, kein oh mein gott
ich bin so lächerlich, findet er das jetzt lächerlich? natürlich es ist lächerlich, ich bin ja auch lächerlich.
nichts davon, wir gehen uns aus dem weg, wir können nicht miteinander, ich bin eigentlich garnicht an ihm und seinen gedanken interessiert. ich mag ihn nicht, ok.
das unterlegenheitsgefühl ist weg, beiderseitiges einverständnis, wir meiden uns.

nächster tag.

kacke, ich hab schmerzen, kann mich kaum rühren, weiss sie eigentlich wirklich was sie da tut?
bin frustriert, der sinn steht mir nach abhauen.
morgensession,

sie fragt nach unserem befinden.
ich berichte von den schmerzen in meinem brustkorb.
auf die frage wo genau kann ich den schmerz genau lokalisieren.
genau in der mitte, das brustbein.
und was sagt dir der schmerz, fragt sie.
hmmm, nix sagt er mir, tut weh, prellung eben oder was auch immer.
und denke mir: so ein scheiss, was willst du jetzt von mir, da is nix hinter dem schmerz, grrrr.
sie: worauf wartest du jetzt, muss es noch mehr weh tun damit du es merkst?
ich bin frustriert und wütend, denke schon öfter ans nach hause fahren.

essen

ich konsultiere einen arzt (*grins*)
mein zimmernachbar ein barfüssiger, humorvoll trauriger waldschrat, ehemaliger arzt, hat den beruf frustriert an den nagel gehängt
und arbeitet jetzt mit alternativen heilmethoden,
die ihm die ärztekammer damals untersagt hat.
ich erkundige mich ob es denn was ernstes sein kann, und lasse anklingen doch mittlerweile ziemlich entnervt und verärgert zu sein.
er meint, nein gebrochen scheint nichts, wohl überdehnte gelenke zwischen sternum und rippen. aha..
fragt mich dann nochmal nach der genauen lokalisation und meint dann er könne mir sagen wofür der schmerz in dieser region stünde, da sei der hass zuhause.
aha, mhhhh...

tag geht vorbei, ich gehe schlafen, der waldschrat schnarcht laut,
wie jede nacht.
ich bin hellwach.
konzentriere mich auf meinen atem, lasse ihn bis unter den nabel strömen. lange zeit.

ich bin noch immer wach, konzentration auf den atem fällt schwer,
meine gedanken kreisen um den workshop.
und da kommt er, purer hass keimt in mir auf.
gott wie ich euch alle hasse, allen voran dich hi-ah park, du scheiss selbstgefällige diva,
die immer wieder betonen muss eine schamanin zu sein
und sich dann selbst erschreckt wenn sie mir fast den brustkorb bricht.
ich hasse dich aus tiefster seele.
und ich hasse dieses ganze scheiss esoterische hippiepack,
das dir jeden tag in deinen arsch kriecht.
ich hasse euch alle dermaßen, worte sind zu wenig für meinen hass,
ich hasse euch.
und es tut so gut endlich zu hassen.

oh, mein gott ich kann das doch nicht zulassen.
diese enorme wucht mit der der hass in mir hochschiesst,
ich würde völlig die kontrolle verlieren vor all den leuten,
würde ich dem hass morgen zutritt in mein bewusstsein ermöglichen,
ich würde daliegen, gebeutelt, würde mich wohl ankacken und anpissen dabei, und ausserdem, es wäre doch respektlos gegenüber hi-ah.
alle würden mich ablehnen, wüssten sie von meinem hass ihnen gegenüber.

scheisse.
aber ich kann ihn auch nicht weiter schlucken.

verdammt.

nachdem ich mit mir abgemacht hatte, den hass hass sein zu lassen, schlief ich dann irgendwann ein..

der nächste morgen, hangover, mir tut alles weh, yoga kann mich mal.
gedichtsstunde mit hi-ah und rumi dem mystiker.
ich bekomme gar nichts mit, der kampf mit meinen gefühlen fordert mich völlig. ich sags ihr, ich sags ihr, ich muss..

gedichte vorbei, frage an die runde, möchte jemand etwas erzählen?
einer meldet sich, gut, noch einer, gleich sag ichs, naja einen wart ich noch ab, noch einer.
sie spricht gerade mit einem teilnehmer, den zusammenhang hab ich vergessen, aber irgendwas von: „...dunkle seite....ja, besser, denn sonst sitzt man dann da wie ein 82 jähriger...“, und mimt die sitzhaltung eines starren alten mannes während ihr funkelnder blick für einen kurzen moment meinen streift.
und sie ist mein spiegelbild, ihre haltung, das bin ich, ganz genau ich, ich fühl mich wie 82. es trifft hart.

sonst noch jemand, fragt sie? keiner meldet sich zu wort.
nagut, dann zum nächsten punkt..
ich hebe meine hand, da wär doch noch was.
sie lächelt, ja bitte?
ich würde gerne über meine dunkle seite sprechen.
lächelt wieder, ja gerne.
und ich erzähle von meinen gefühlen, von meinem hass ihr und der gesamten gruppe gegenüber.
sie bedankt sich, stellt mir noch ein paar fragen bezüglich liebe und ob ich sie je empfangen hätte, usw.

session vorbei.

ich gehe hinaus, spaziere langsam richtung essensraum.
der hass ist weg, eine ruhe breitet sich in mir aus, und ein gefühl steigt in mir hoch, traurigkeit, tiefe traurigkeit.
ich halte tränen zurück, gehe weiter, setzte mich auf eine holzbank und spüre, lasse es kommen und heule rotz und wasser.
es tut so gottverdammt gut endlich weinen zu können und traurig zu sein. ich werde in den arm genommen und weine gebettet auf einem busen weiter.

essen

session
jetzt siehst du aus wie 62, ein fortschritt..

so, das muss ja dann wohl auch ein ende haben hier, mal...
ich lasse natürlich einiges weg, viel zwischenmenschliches,
welches hier aus gründen der privatsphäre
nichts verloren hat, gab ja schliesslich nicht viele workshops
über silvester...

...
tja, was ist noch passiert?
ich bin dann zwischenzeitlich noch auf 300 raufgealtert ;-),
verjüngte mich aber dann zusehends,
und konnte es auch tatsächlich fühlen.
vielleicht etwas zum tanzen.
das ziel war ja, emotionen durch tanz in energie umzuwandeln.
und wie funktioniert das?
tja, das hab ich mich auch durchgehend gefragt.
nur steht da der kopf eben massiv im weg.
jeder hatte seine probleme damit.

gleich von anfang an bot sich beim tanzen eine erschreckende geräuschkulisse. gefühle wurden durch den raum geschrien, geröchelt und gewürgt.
lauter wahnsinnige zuckten durch die halle und robbten wiehernd am boden.
und immer wieder hi-ah, die uns darauf besann nicht ins drama zu verfallen, denn das wäre nur eine weitere form der anhaftung.

irgendwann war es dann da, vielleicht nur 10 sekunden, ich tanzte meine trauer, verlor den kopf und meine trauer tanzte mich, tanzte jede faser meines körpers.
oh..
mein nächster tanz passierte, bei einem grossen lagerfeuer.
es begann damit, dass alle in kitschigster indianermanier
unter "heeiijaaa, heijaheeiijaaa"-gesängen ums feuer tanzten,
was ja auch irgendwie recht witzig war und eine nette gruppendynamik auslöste.

doch irgendwann meinte hi-ah, die an einer trommel stand,
das wäre ihr den aufwand nicht wert, sie würde sich nicht weiter anstrengen
uns zu ´sehen´ wenn wir hier nur lustige indianertänze veranstalten.
da müssten wir schon mehr bieten.
wir sollten unser persönliches tier tanzen, und zum tier werden,
nur dann würde sie bei uns bleiben.
ob wir denn bereit dazu wären, fragte sie.
ein laute "yes" kam hochmotiviert von mir, der schräg hinter ihr stand.
na dann los, meinte sie als sie sich zu mir umdrehte.
alle tanzten wieder um das feuer, die meisten instrumentiert,
doch es war fast nur hi-ah´s trommel zu hören.
ich versuchte den tiger zu tanzen.
hi-ah stellte sich ca. 20 meter entfernt auf einen kleinen erdhügel.

irgendwann war es dann soweit, ich war ein tiger
der um das feuer tanzte. den zustand kann ich schwer in worte fassen,
da war kein denken mehr, das gefühl wandelte sich in energie,
die durch den ganzen körper floss, die den körper tanzte, mhm..
es waren immer längere intervalle, hin und wieder
öffnete ich die augen, beobachtete die anderen,
dachte ein paar gedanken und entschloss mich wieder tiger zu werden.
und dann, jedesmal als ich wieder zum tiger wurde,
stand plötzlich hi-ah hinter mir und hüllte mich in ohrenbetäubende trommelschläge.
problem dabei, antstatt noch tiefer in extase zu geraten, erschrak ich
und war dann gleich zurück im kopf, damit beschäftigt es jetzt
für sie besonders gut zu machen..*grins*
und schon tanzte wieder ich.
also flucht, *grins*, ich tanze von ihr weg,
werde wieder zum tiger, und sofort steht sie wieder hinter mir
*gong, goong, goooong, gogoong*.

das spiel wiederholte sich einige male *lol*

jedenfalls, wich meine starre mit der zeit einem
zunehmenden wohlgefühl, meine schultern entspannten sich
und ein lächeln wurde allmählich zum dauergast.

beim essen, sitzordnung gab es keine, die sitznachbarn wechselten ständig, wurde ich zunehmends entspannter.
keine unnötigen gedankengänge, fühlte ich mich bei einem gespräch wohl, genoss ich es mich zu unterhalten, gab es nichts zu sagen, schwieg ich.
ganz einfach.

vorletzter tag.

wir werden jetzt unser ego erdolchen..
jeder sollte sich ein imaginäres schwert nehmen und es sich gaanz langsam in imaginäre herz bohren.
aber nicht zu schnell, sie will unseren kampf sehen, erst wenn wir wirklich tot sind können wir liegen bleiben.
es fiel mir schwer mir das vorzustellen, aber ich versuchte es so gut ich konnte, stach zu, legte mich auf den rücken.
nanana, ihr seid doch noch nicht tot, wollt ihr mich auf eurer brust spüren?
um gottes willen nein, nicht nochmal..

also neuer versuch, ich bohrte, so langsam ich konnte, versuchte jede zelle meines körpers zu zerfetzen, zuckte immer wieder dabei um meinen geplagten brustkorb zu schonen *grins*.
irgenwann wurde es zunehmends zu einem echten kampf, ich war voll damit beschäftigt mein ego zu erdolchen und mein körper zuckte von selbst.

dann:
ich lag auf dem rücken und plötzlich kämpfte sich etwas an die oberfläche.

der 5 jahre alte flo, keine ahnung wieso 5, aber es war so.
ich war mit meinem ganzen wesen 5 jahre alt, mein körper,
klein wie der eines 5 jährigen, meine ganze wahrnehmung,
ich war 5.
und der 5 jährige flo war so unglaublich froh darüber endlich aus dem dunkel auftauchen zu dürfen, endlich dieses meer an traurigkeit, an sehnsucht zu spüren, endlich zu weinen.
und ich weinte und weinte, schluchzte, rotzte und sabberte..

so liebe kinder, jetzt macht ihr die äuglein zu und der onkel legt das märchenbuch beiseite *grins*

naja, das warn jetzt mal die prägnantesten sachen, die passierten.
eigentlich wars noch sehr viel mehr, und alles war wie ein kleiner aber wichtiger baustein im gebäude des workshops.
vielleicht noch, dass ich seit langer zeit nicht mehr so viel zärtlichkeit erfahren habe, ich habe und wurde viel und intensiv umarmt.

hoff es hat spass gemacht zu lesen.

lg
da fluadl
:)
 
Danke für diesen sehr persönlichen und sehr interessanten Bericht. Welche Meinnung hast du jetzt im Nachhinein von Hi-ah Park?

ciao, :blume: Delphinium
 
Das war jetzt schön zu lesen Fluadl ::)

In einigen Verhaltensmustern finde ich mich auch wieder.
Es jedem recht machen zu wollen, und sich selbst dabei vergessen.
Nun du hast dich ja selbst wach machen wollen. Und wie es
scheint, ist das ja auch gelungen.

hab mir natürlich auch etwas überlegt das passt, nämlich "ich will neugieriger auf das leben sein, was mir durch meine sozialen ängste nur schwer möglich ist"
meint sie (in englisch): na, das ist ja nicht so schwer, das werden wir wohl hinbekommen


Wie geht es dir nach der Sitzung, sind die sozialen Ängste weniger geworden?
 
Danke für diesen sehr persönlichen und sehr interessanten Bericht. Welche Meinnung hast du jetzt im Nachhinein von Hi-ah Park?

ciao, :blume: Delphinium

gern geschehen:)

meine meinung zu ihr, puh, schwer zu sagen.
sie ist einfach eine tolle projektionsfläche, diese selbstgefällige diva:D

ich sag mal so, wenn der zeitpunkt passt und ich mich bereit fühle, nehme ich wieder teil, obwohl mein 2. workshop bei ihr zu meiner persönlichen hölle wurde und mich in ein monatelanges unpackbar tiefes loch gerissen hat.

ich hab tiefes vertrauen in sie, dass sie mir hilft wenn ich es wirklich will.


Alice schrieb:
Das war jetzt schön zu lesen Fluadl :

das freut mich:)

Wie geht es dir nach der Sitzung, sind die sozialen Ängste weniger geworden?

puh, die antwort auf diese frage dauert länger.

ganz kurz gefasst ja.

sie sagte immer selbst, sie zeichnet uns nur eine landkarte.

meine war sehr einschneidend und deutlich gezeichnet.

bin von der recht langen hypomanischen phase nach dem wshop dann wieder völlig runtergekracht, wie der erste ausschlag einer gewaltigen sinuskurve.

die landkarte war dann oft nicht mehr erkennbar, ist aber immer wieder durchgeblitzt, und ich bin immer wieder ein kleines stück gegangen. (auch viel mit hilfe meines therapeuten)

die sinuskurve ist mittlerweile abgeflacht, schlägt schon noch aus, aber es wird fühlbar mittiger.
tut gut.


mara... schrieb:
Hey fluadl.

Danke fürs Teilen !

paula marx schrieb:
Offen. Berührend zu lesen. Danke Fluadl.

gerne:)
danke fürs anteil nehmen, freut mich sehr.
 
Werbung:
Hallo fluadl,
völlig unmöglich jetzt, langsam, mit einem finger und einem <termin um 10:00 eine Antwort zu schreiben. Aber wenigsten kurz, vielleicht mal länger.
Danke. Super. Klingt jetzt wohl blöd, aber egal.
Ich habe deinen Bericht verschlungen, er erzählt auch von mir, meiner Skepsis, Wut, Traurigkeit. Depressionen, Angst, Harmoniebedürfnis, auch wenn Wut da ist. Seminare, Hilfesuche bei Schamanen. Die Kraft im und aus dem Tanzen. Da standen gleich einige in meinem inneren Auditorium auf. Bei Hiah Park hatte ich auch einen Termin, bin aber, weil ich körperlich viel zu schlecht beinander war, nicht hin.


Schön zu lesen, gut nachvollziehbar, berührend ehrlich und bringt mich auch Lachen.

So, ein bißchen aus mir herausgezupft, eigentlich hätte ich dir ganz anderes sagen wollen, egal, die Zeit rennt, ich muss 1000 Sachen noch machen, bevor ich gehe.

lieben Gruß Atreya
 
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